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Prognosen von Zeitreihen: Definition, Funktionsweise und Prognosemodelle

Bei einer Prognose werden alle verfügbaren Informationen, wie z. B. Werte aus der Vergangenheit oder Wissen über zukünftige Ereignisse, einbezogen, um die Zukunft so genau wie möglich vorherzusagen. Zuverlässige Prognosen helfen dabei, die Planung zu optimieren und Risiken genau abschätzen zu können und gelten daher als unverzichtbare Bestandteile erfolgreicher Unternehmensführung. Dieser Artikel liefert einen Überblick sowohl zu Prognosen allgemein als auch zu den bekannten Vorhersagealgorithmen. 

 

Was sind Prognosen und wie funktionieren sie?

Ein Algorithmus, der Vergangenheitswerte als Eingabe nimmt und eine Prognose als Ausgabe liefert, kann auf verschiedene Weise als Prozess strukturiert werden. Traditionell werden zu diesem Zweck Modelle entworfen, die auf der Grundlage von Annahmen computergestützte Schätzungen durchführen können. Die bekanntesten Vertreter solcher traditionellen Modelle heissen:

  • ARIMA,
  • ETS,
  • Random Walk with Drift,
  • Theta, Seasonal-Naive, oder
  • Naive.

Gerade am Beispiel des Naive Modells zeigt sich, dass ein solches Verfahren nicht komplex sein muss: Hier wird lediglich der letzte bekannte Wert aus der Vergangenheit für die Zukunft konstant fortgeführt – hier eine Grafik zur Illustration: 

R Visualisierung einer Zeitreihe zu Umsätzen über mehrere Jahre
Naive Vorhersage basierend auf Werte in Relation zum tatsächlichen Wert

In diesem Beispiel werden Daten bis August 2019 als Information zur Vorhersage des Zeitraums September 2020-August 2021 herangezogen. Der letzte Wert der bekannten Daten ist 0, also wird mit dem Naiven Modell konstant 0 vorhergesagt. Gerade bei solchen Zeitreihen wie im Beispiel – also ohne Trends und mit seltenen/geringen Ausschlägen ist der Naive Algorithmus gerade wegen seines trivialen Modells eine beliebte Vorhersagemethode. 

 

Mehr zur Prognose von hierarchischen Zeitreihen und unterschiedlichen Ansätzen dafür finden Sie in diesem Wiki-Artikel. 

Prognosen & der Umgang mit Unsicherheit

Die oben gezeigte Grafik liefert dem Unternehmen zwar eine Schätzung für die Zukunft, bietet jedoch keine Anhaltspunkte bezüglich Unsicherheit der Vorhersage. Gerade die Abschätzung von Risiken ist es jedoch, was für viele Unternehmen den Wert einer Vorhersage ausmacht. Daher sollte eine nützliche Prognose neben der oben abgebildeten Punktschätzung auch ein sogenanntes Vorhersageintervall abbilden. Ein Beispiel findet sich in der folgenden Grafik: 

Vorhersage mit Konfidenzintervall
Vorhersage des Verlaufs einer Zeitreihe mit Vorhersageintervall

Diese Grafik zeigt, dass wir für 80 % der Fälle einen Wert im dunkelblauen Bereich erwarten. 95 % der Fälle werden entweder im dunkelblauen oder hellblauen Bereich erwartet. Auf dieser Grundlage lassen sich die Risiken deutlich klarer als noch im ersten Fallbeispiel abschätzen.

Die bekanntesten Prognosemodelle

Auch wenn das Naive Modell im vorliegenden Fall eine interessante Variante ist, so ist es bei Zeitreihen mit Trend oder anderen strukturellen Eigenschaften von geringem Nutzen. Aus diesem Grund existiert eine ganze Reihe weiterer bekannter Vorhersagealgorithmen, deren Punktschätzungen für unsere Beispielzeitreihe in der folgenden Grafik aufgeführt sind:

Prognose von Zeitreihen
Schätzungen der bekanntesten Vorhersagealgorithmen für eine gegebene Zeitreihe

Saisonal Naive Prognosen

Bei Saisonal Naiven Prognosen wird die jüngste saisonale Periode beibehalten und für den gewünschten Prognosehorizont fortgeschrieben. So entspricht beispielsweise die Vorhersage für den nächsten Februar dem Wert des zuletzt beobachteten Februars. In Fällen, in denen es keine eindeutige saisonale Struktur gibt, kann dies zu ähnlichen Fehlerwerten für naive und saisonal naive Vorhersagen führen.

Random Walk with Drift

Ein weiteres einfaches Modell für die Prognose von Zeitreihen ist Random Walk with Drift. Hier wird angenommen, dass ein zukünftiger Wert auf seinem ersten Verzögerungswert  basiert, zu dem eine Konstante und der Fehler  hinzukommen. Im Allgemeinen driftet die Zeitreihe über einen bestimmten Zeitraum in eine negative Richtung, wenn die Konstante negativ, und in eine positive Richtung, wenn die Konstante positiv ist. 

Theta-Methode

Als häufig genutzter Algorithmus im Rahmen von Vorhersagewettbewerben wird auch die Theta-Methode in diese Einführung einbezogen. Im Wesentlichen werden nach einer Saisonbereinigung aus der lokalen Krümmung der Zeitreihe mittels exponentieller Glättung mehrere Zeitreihen – sogenannte Theta-Linien – erzeugt. Jede dieser Linien wird separat extrapoliert und die entsprechenden Prognosen werden dann kombiniert.

Exponential Smoothing – ETS

Die Grundlage für Vorhersagen mit Exponential Smoothing – ETS sind gewichtete Mittelwerte vergangener Beobachtungen. Es gibt eine Reihe von verschiedenen ETS-Prognosealgorithmen, die je nach den verfügbaren Zeitreihen verwendet werden können. Kennzeichnend für die Verwendbarkeit einer Methode sind die beiden Komponenten Trend (keine, additiv, additiv gedämpft) und Saisonalität (keine, additiv und multiplikativ).  Eine dritte Komponente (Fehler) wird hinzugefügt, um zwischen additivem und additiv gedämpftem Zustand zu unterscheiden. Daher werden für ETS drei Parameter verwendet: Fehler, Trend und Saisonalität.

ARIMA Modelle

Die Kombination aus Autoregression, Differenzierung und gleitendem Durchschnitt, welche ARIMA Modelle charakterisiert, kann mit Hilfe dreier Parameter (p, d, q) bestimmt werden: Dabei steht p für die Anzahl der autoregressiven Terme, d für den Grad der nicht saisonalen ersten Differenzen, die für die Stationarität benötigt werden, und q für die Anzahl der verzögerten Prognosefehler in der Komponente des gleitenden Durchschnitts. Basierend auf gewichteten Beobachtungen aus der Vergangenheit kann somit mittels einer Gleichung eine entsprechende Vorhersage ermittelt werden.

Neuronale Netze

Darüber hinaus stehen insbesondere im Bereich der neuronalen Netze eine ganze Bandbreite weiterer Vorhersagemethoden zur Verfügung, welche den Umfang dieses Artikels jedoch übersteigen würden.


Fazit: Darum sind Prognosen wichtig für Ihren Unternehmenserfolg

Gute Prognosen sind im Rahmen erfolgreicher Planung und Unternehmensführung von entscheidender Bedeutung. Hierfür stehen eine ganze Reihe an Algorithmen zur Verfügung, welche Daten aus der Vergangenheit auf wiederkehrende Muster untersuchen. Aus dieser Erkenntnis werden Vorhersagen für die Zukunft getroffen, welche jedoch stets mit einem gewissen Mass an Unsicherheit verbunden sind. Diese Unsicherheit klar eingrenzen und benennen zu können, ist ebenfalls Bestandteil einer guten Prognose.

Eine zentrale Herausforderung für Anwender bleibt die Frage, unter welcher Art von Zeitreihe sich welche der vorgestellten Prognosemethoden am ehesten bewährt. Mit dieser Fragestellung befasst sich meine Masterarbeit bei der s-peers AG. Die wesentliche Erkenntnis daraus ist Folgendes: Die kombinierte Verwendung mehrerer Prognosealgorithmen kann unter bestimmten Bedingungen deutlich zuverlässigere Ergebnisse liefern als eine einzelne der hier vorgestellten Methoden. 

Mehr wissen?

Sie möchten tiefer in dieses Thema einsteigen und mit Prognosen Ihren Unternehmenserfolg planbar machen? Mein Team und ich freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

Ihre Ansprechpartnerin für Data Science Themen
Nadine Matt_2
Nadine Matt
Customer Engagement & Communication Executive

Published by:

Lukas Weixler

autor:IN

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