Wie berechne ich den Carbon Footprint?
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Dea Marovic
Dieser Artikel beantwortet die Frage, wie man einen Carbon Footprint – also einen ökologischen Fussabdruck – berechnet. Dabei werden wichtige Begrifflichkeiten, wie die Primär- und Sekundärdatenbanken, den Ansatz der Lebenszyklusanalyse, direkte Emissionen, Tätigkeitsdaten und Emissionsfaktoren sowie Formeln zur Berechnung des Product Carbon Footprints vorgestellt.
Wie aus dem Vorgänger-Wiki zum Thema „Corporate und Product Carbon Footprint“ hervorgeht, gibt es noch keine Standards für die Berechnung des Product Carbon Footprints. Da deshalb keine bestimmte Berechnungsmethode vorgeschrieben ist, wird in diesem Wissensartikel ein vereinfachter Ansatz für die Berechnung vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
1. Voraussetzungen für die Berechnung des Carbon Footprints
Die Grundlage für eine erfolgreiche Berechnung ist die Datenerhebung. Für die interne Datenerhebung ist daher die Unterstützung aller relevanten Abteilungen notwendig. Je größer das zu berichtende Unternehmen ist, desto mehr Abteilungen sind an der Datenerhebung beteiligt und desto komplexer ist die Berechnung des Carbon Footprints.
Wichtig für eine erfolgreiche Datenerhebung ist auch die interne Transparenz, da strenge Vertraulichkeitsrichtlinien die Erhebung von Primärdaten erheblich erschweren können. Für die Bilanzierung der externen Prozesse werden Daten von Lieferanten und Entsorgern benötigt. Auch hier gilt: Je mehr Lieferanten ein Unternehmen hat, desto komplexer wird die Datenerhebung und -berechnung.
Die wichtigste Grundvoraussetzung ist jedoch der Zugang zu Ökobilanzdatenbanken. Sie sind grundlegend für die Berechnung des Product Carbon Footprint, da sie die notwendigen Emissionsinformationen zu den jeweiligen Arbeits- und Produktionsprozessen und den jeweils eingesetzten Rohstoffen, Energieträgern, Vor- und Abfallprodukten liefern. Sie sind standardisierte Referenzwerte, die die Berechnung erleichtern oder ggf. nicht messbare Lücken in der Wertschöpfungskette schließen (Hottenroth et al., 2013, S. 16).
Zu den wichtigsten Sekundärdatenbanken gehören (Hottenroth et al., 2013, S. 16):
- ProBas (Prozessorientierte Basisdaten für Umweltmanagement-Instrumente),
- GEMIS (Global Emission Model of Integrated Systems), ELCD (European Reference Life Cycle Database) und
- ecoinvent.
2. Die Lebenszyklus-Analyse (LCA)
Um eine erfolgreiche Berechnung des PCF zu ermöglichen, ist es wichtig, die Lebenszyklusanalyse (englisch: Life Cycle Analysis (LCA)) eines Produkts zu verstehen. Ausserdem sollten klar definiert werden, welcher Schritt in der Wertschöpfungskette welcher Phase zugeordnet wird (Hottenroth et al., 2013, S. 28).
Es gibt fünf verschiedene Lebenszyklusphasen:
- Die erste Phase des Produktkreislaufs beginnt mit der Gewinnung von Rohstoffen (raw material extraction and preprocessing) aus der Umwelt und endet, sobald die Rohstoffe oder Vorprodukte die Produktionsstätte des bilanzierenden Unternehmens erreichen. In dieser Phase können Prozesse wie Bergbauaktivitäten, Landwirtschaft und Ernte (einschließlich der verwendeten Düngemittel und Pestizide), Rohstoffveredelung und Transport während der Vorverarbeitung zum Produktionsstandort einbezogen werden (Hottenroth et al., 2013, S. 28).
- Die zweite Phase, die Herstellungsphase (production), beginnt, sobald die Rohstoffe oder Vorprodukte in der Produktionsstätte eintreffen. Sie endet, sobald das fertige Produkt die Produktionsstätte wieder verlässt. In dieser Phase werden alle Produktionsprozesse betrachtet, von den mechanischen und thermischen Bearbeitungsprozessen, der Montage und der Verpackung bis hin zum innerbetrieblichen Transport (Hottenroth et al., 2013, S. 29).
- Die dritte Phase wird als Distributions- und Lagerphase (distribution and storage) bezeichnet und beginnt, wenn das fertige Produkt die Fabrik verlässt. Diese Phase endet, wenn dieses endgültige Produkt in die Hände des Verbrauchers gelangt. Dabei werden die Prozesse von der Verladung, dem Transport zwischen den Produktionsstätten, dem Einzelhandel oder der Verkaufsstelle bis hin zu Heiz-, Kühl- oder Belüftungsprozessen im Lager berücksichtigt (Hottenroth et al., 2013, S. 29).
- Daran schließt sich die vierte Phase – die Nutzungsphase (utilization) – an. Sie beginnt, sobald der Verbraucher das Produkt in Gebrauch nimmt, und endet, wenn das Produkt entsorgt wird. Die Verbraucher nutzen Produkte auf unterschiedliche Weise und über unterschiedlich lange Zeiträume. Art und Dauer der Nutzung hängen nicht nur vom individuellen Verbraucherverhalten ab, sondern auch von der Funktion und Lebensdauer des betrachteten Produkts. Diese Phase ist für einen großen Teil der Treibhausgasemissionen eines Produktes verantwortlich, lässt sich allerdings nur schwer messen. Daher müssen hier Annahmen getroffen werden (Hottenroth et al., 2013, S. 29).
- Die fünfte, letzte Phase ist die Entsorgung des Produkts (disposal / recycling). Diese Phase beginnt mit der Übergabe oder Entsorgung des Produkts durch den Verbraucher und endet mit seiner Rückführung in die Ökosphäre. In dieser letzten Phase des Produktlebenszyklus werden nicht nur die Beseitigung des Produkts oder von Produktrückständen berücksichtigt, sondern auch die Entsorgung der Produktverpackung (Hottenroth et al., 2013, S. 30).
In jeder dieser Phasen werden Treibhausgasemissionen erzeugt, die berücksichtigt werden sollten. Wie diese Phasen und ihre Emissionen berechnet werden können, wird im Folgenden dargestellt.
3. Berechnungsansatz für den Product Carbon Footprint
Nachdem nun die Vorbereitungen für die Erhebung des Product Carbon Footprint (PCF) beschrieben wurden, folgt die Beschreibung der eigentlichen Berechnung des PCF. Wie oben erklärt, wird im Folgenden eine einfache und komprimierte Berechnung vorgestellt. Allokationsprozesse, die Entfernung von Treibhausgasen entlang der Wertschöpfungskette, die Unterscheidung zwischen biogenen und nicht-biogenen Quellen sowie Recyclingprozesse werden zur Reduktion der Komplexität in der folgenden Darstellung nicht berücksichtigt.
3.1. Drei Basis-Definitionen: Direkte Emissionen, Tätigkeitsdaten und Emissionsfaktoren
Es sind 3 verschiedene Arten von Daten zu unterscheiden (Hottenroth et al., 2013, S. 39):
- Direkte Emissionen: Hierbei handelt es sich um emittierte Treibhausgase, die durch direkte Messung oder durch stöchiometrische Berechnung bestimmt werden können. Die Erhebung dieser Daten ist in der Regel besonders aufwändig, da sie kostspielige Geräte zur kontinuierlichen Messung erfordern. Ein Beispiel ist die Messung mit Hilfe eines Sensors am Schornstein oder einer Verbrennungsanlage, der die genauen Emissionen misst.
- Tätigkeitsdaten: Sie beschreiben sowohl Input- als auch Outputprozesse und können gemessen, berechnet oder modelliert werden. Dabei werden vor allem der Material- oder Energieverbrauch sowie die Abfallmengen berücksichtigt. Beispiele für Aktivitätsdaten sind der Energieverbrauch von Produktionsprozessen, der Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugen und der Verbrauch von Rohstoffen.
- Emissionsfaktoren: Mit Hilfe von Emissionsfaktoren lassen sich Aktivitätsdaten in Treibhausgasemissionen umrechnen. Die Aktivitätsdaten werden dann mit den Emissionsfaktoren multipliziert, um Emissionsdaten zu erhalten.
3.2. Formel zur Berechnung des Product Carbon Footprints
Es ergibt sich die folgende Formel (Hottenroth et al., 2013, p. 40):
Diese Formel gilt, solange bei den Faktoren nur die CO₂-Emissionen berücksichtigt werden. Wenn die Emissionsfaktoren einzelner Treibhausgase angegeben sind, muss die obige Formel um die Multiplikation mit dem Treibhauspotenzial (GWP) erweitert werden (blau). Wenn direkte Emissionsdaten erhoben wurden, sind keine Aktivitätsdaten und Emissionsfaktoren erforderlich. In diesem Fall werden die direkten Emissionen nur mit dem GWP-Wert multipliziert (Hottenroth et al., 2013, S. 41).
Auch hier wird zwischen Primär- und Sekundärdaten unterschieden. Primärdaten werden in der Regel für die im Unternehmen ablaufenden Prozesse erhoben. Dazu gehören sowohl direkte Emissionsdaten als auch Tätigkeitsdaten. Für vor- und nachgelagerte Prozesse werden in der Regel Sekundärdaten aus Datenbanken für Lebenszyklusanalysen (LCA) verwendet. Eine Lebenszyklusanalyse (LCA) ist eine systematische Analyse der Umweltauswirkungen und der Energiebilanz von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus („von der Wiege bis zur Bahre“) (Ifu (2021)).
Um genauere Ergebnisse zu erhalten, ist es sinnvoll, auch vor- und nachgelagerte und nachgelagerte Prozesse fest in die Berechnung des PCF einzubeziehen und eng mit Lieferanten etc. zusammenzuarbeiten. So können die Emissionen für alle Prozessschritte im Produktlebenszyklus berechnet oder aus Datenbanken abgeleitet werden. Diese Emissionen werden dann entlang der Wertschöpfungskette aggregiert, um Fußabdruck des fertigen Produkts zu berechnen (Hottenroth et al., 2013, S. 41).
Am Beispiel einer Schreinerei lässt sich dies gut veranschaulichen:
Bei den Upstream Emissions (auf Deutsch: Vorgelagerte Emissionen) werden alle Emissionen berechnet, die bei der Gewinnung von Rohstoffen und der Herstellung von Vorprodukten entstehen. In diesem Beispiel werden die Emissionen von Fahrzeugen und Werkzeugen, die zum Fällen der Bäume benötigt werden, berechnet. Ausserdem werden hier auch die Emissionen der für den Prozess und den Transport zur Schreinerei eingesetzten Energie mit berechnet.
In diesem Beispiel soll die Holzladung mit einem 35-t-LKW von Nürnberg nach Konstanz transportiert werden. Mit dem Gewicht der Ladung und der Transportdistanz lassen sich die THG-Emissionen über den entfernungsbasierten Ansatz mit Standard-Energieverbrauchswerten pro Tonnenkilometer berechnen:
Im Beispiel werden bei einer Transportstrecke von 380 Kilometern 782 kg CO2e emittiert.
Im Bereich der eigenen Emissionen werden alle Emissionen, die bei der Produktion entstehen, erfasst. Auch hier wird die eingesetzte Energie in CO₂-Äquivalenten berechnet. Allerdings werden ebenso die Transportwege berücksichtigt, die innerhalb eines Werkes anfallen. Wurden die direkten Emissionen z. B. mit Hilfe von Sensoren ermittelt, werden diese wie in Formel II berechnet (Schmied & Knörr, 2011, S. 20).
Im letzten Abschnitt, den Downstream-Emissionen, werden alle Emissionen berechnet, die während der Lagerung (Heizung, Strom, Transport zum Lager, Transport zum Möbelhaus), der Nutzungsphase (Emissionsdaten beruhen hauptsächlich auf Annahmen) und der Entsorgung (Emissionen bei Verbrennung, Transport, Zerkleinerung etc.) entstehen.
Im letzten Schritt werden dann alle Emissionsdaten aggregiert, um den Carbon Footprint der produzierten Möbel zu berechnen (Schmied & Knörr, 2011, S. 21).
4. Fazit
Im Prinzip kann die Berechnung eines PCF manuell oder mithilfe gängiger Tabellenkalkulationsprogramme wie Microsoft Excel erfolgen. Dabei können PCF-Berechnungen auch sehr komplex sein, wenn eine große Menge an Daten zusammengestellt und berechnet werden muss und zusätzliche Emissionsfaktoren erforderlich sind. Daher werden spezielle Software-Tools für die Berechnung immer wichtiger. Eines dieser Tools ist die SAP Analytics Cloud (SAC). Mehr über die verschiedene Software Tools lesen Sie hier.
5. Quellenverzeichnis
Hottenroth, H., Joa, B., Schmidt, M., & Insitut für Industrial Ecology (2013). Carbon Footprint für Produkte: Handbuch für die betriebliche Praxis kleiner und mittlerer Unternehmen. https://www.hs- forzheim.de/fileadmin/user_upload/uploads_re-dakteur/Forschung/INEC/Dokumente/Hottenroth_et_al_Carbon_Foot-prints_fuer_Produkte_web.pdf
Ifu. (2021). Ökobilanz (LCA) – Definition | Institut für Umweltinformatik. https://www.ifu.com/de/oekobilanz/
Schmied, M., & Knörr, W. (2011). Berechnung von Treibhausgasemissionen in Spedi-tion und Logistik. http://www.co2-sachverstaendiger.de/pdf/DSLV-Leitfa-den%20Berechnung%20von%20THG-Emissionen%20in%20Spedi-tion%20und%20Logistik.pdf
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Dea Marovic
ehem. Lead Sustainability & Professional Analytics Consultant
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